Die Europäische Kommission hat am 30.05.2018 einen Verordnungsvorschlag für Erasmus 2021-2027 vorgelegt. Da Förderprogramme der Europäischen Union stets an den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), der ein Laufzeit von sieben Jahren hat, gekoppelt sind, wird ab 2021 ein Nachfolgeprogramm de aktuell laufenden Erasmus+ Programms benötigt. Bereits im Anfang Mai vorgelegten Vorschlag für den MFR 2021-2027, hatte die Kommission zugesagt auf die vielfacht vorgebrachte Forderung nach einer deutlichen Erhöhung von Erasmus+ einzugehen und eine Verdopplung des derzeitigen Gesamtbudgets (14,7 Mrd. EUR) angekündigt. Der nun vorgelegt Verordnungsvorschlag bestätigt diese Ankündigung. Für Erasmus ab 2021, das + soll wegfallen, ist ein Budget von 30 Mrd. EUR vorgesehen. Die Kommission folgt damit auch dem Ziel von EU-Haushaltskommissar Oettinger, die Ausgaben des MFR stärker als bisher auf Projekte mit besonderem europäischen Mehrwert zu fokussieren.

Darüber hinaus enthält der Vorschlag der Kommission folgende Eckpunkte:

  • Das Budget für „Jugend“ steigt von 1,47 auf 3,1 Mrd. EUR, das Budget für Erwachsenenbildung soll von 575 Mio. auf 1,19 Mrd. EUR erhöht werden.

 

  • Die Budgetanteile für „Jugend“ und Erwachsenenbildung steigen nur minimal. Die Steigerungen sind vor allem, auf die Steigerung der Bezugsgröße zurück zu führen. Hier stellt sich die Frage, ob wir uns mit den veranschlagten Erhöhungen zufrieden geben, oder weiter für eine Veränderung der Budgetaufteilung eintreten. Laut Einschätzung der NABIBB wäre eine Erhöhung des Budgetanteils auf mindestens 6% sinnvoll, da ausreichend Potential für qualifizierte Anträge bestehe. Die EAEA sieht dies genauso. Im Falle einer solchen Steigerung würde die Erwachsenenbildung im Zeitraum 2021-2027 1,8 Mrd. EUR erhalten.

 

  • Es gibt keine weiteren Zusammenlegungen mit anderen Programmen. Das Europäische Solidaritätskorps wird aus Erasmus herausgelöst und als eigenes Programm etabliert. Der Jugendbereich wird dadurch finanziell gestärkt. Im Jahr 2016 wurden 36% der an Deutschland für Erasmus+ „Jugend“ zugewiesenen Mittel für den Europäischen Freiwilligendienst aufgewendet. Im Jahr 2015 waren es 27% der Gelder. Wäre der Freiwilligenbereich bereits im Jahr 2016 aus dem Jugendkapitel herausgelöst gewesen, hätten für Jugendbegegnungen statt 6,2 Mio., 11 Mio. EUR bereit gestanden. Im Jahr 2015 wären es statt 5,7 Mio. 9,6 Mio. EUR gewesen.

 

Förderfähige Aktivitäten

 

  • Die strategischen Partnerschaften in Leitaktion 2 werden in „Zusammenarbeit zwischen Organisationen und Einrichtungen“ umbenannt. Vorgesehen sind hier „Kooperationspartnerschaften für den Austausch von Verfahren, „einschließlich kleinerer Partnerschaften, um einen breiteren und inklusiveren Zugang zum Programm zu gewähren“. Die „kleineren Partnerschaften“ sollen die Beantragung von Zuschüssen in geringer Höhe, für die Durchführung kleinerer Projekte, mit transnationalem oder nationalem Charakter, von kurzer Laufzeit erlauben. Für die „kleinen Partnerschaften“ soll ein vereinfachtes Antrags- und Verwaltungsverfahren bereitgestellt werden. Die Einführung kleiner Partnerschaften ist sehr erfreulich, denn das gewählte Modell entspricht einer unserer Forderungen.

 

  • Für den Jugendbereich sollen im Rahmen von „Discover EU“ kostenlose Interrailtickets an junge Menschen verteilt werden. Laut MFR-Vorschlag der Kommission sind hierfür für den Zeitraum 2021-2027 700 Mio. EUR vorgesehen. Hierzu gibt es sowohl unterstützende als auch kritische Stimmen.

 

  • Im Jugendbereich wird die neue Fördermaßnahme der „Aktivitäten zur Jugendpartizipation“ eingeführt. Gefördert werden Projekte auf lokaler, nationaler und europäischer/transnationaler Ebene zur politischen Teilhabe junger Menschen. Ziel ist das Erlernen der Teilnahme am demokratischen Leben, ein besseres Verständnis der Europäischen Union und der gemeinsamen Werte und der Grundrechte. Die Projekte können von informellen Gruppen junger Menschen oder Jugendorganisationen durchgeführt werden.

 

Innerhalb des Jugendkapitels würde es dadurch zukünftig vier förderfähige Veranstaltungsformate geben: „Mobilitäten junger Menschen“ (Jugendbegegnungen), „Mobilitäten von Jugendarbeiter (Fachkräfte Schulungen), „Aktivitäten zur Jugendpartizipation“ und „DiscoverEU“.

 

Jean-Monnet

 

  • Öffnung der Jean-Monnet Aktivitäten für die Jugend- und Erwachsenenbildung: Das Jean-Monnet-Programm war bisher in erster Linie auf die Förderung der Lehre und Forschung der Europastudien an Universitäten ausgerichtet. Nun soll Jean-Monnet auch „anderen Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung“ zugänglich gemacht werden. Hierzu zählt die Kommission in diesem Fall definitiv auch Träger der Jugend- und Erwachsenenbildung. Folgende Aktivitäten sollen förderfähig werden:
    • Die Entwicklung von Inhalten, Materialien und Methoden für die Lehre.
    • Die Durchführung von Konferenzen, Debatten, Seminaren und Events.
    • Alle Aktivitäten müssen inhaltlich auf das Feld der „EU-Studien“ ausgerichtet sein.

 

Verwaltungsfragen

 

  • Die Kommission verspricht „die Verwaltungslast für alle Teilnehmer zu reduzieren“. Dies soll geschehen durch:
    • Vereinfachte Vergabekriterien
    • Verkürzte Antragsformulare
    • Reduzierte Berichts- und Informationspflichten
    • Verbesserte online Verfahren
    • Vereinfachte Verfahren für Kleinstprojekte
    • Eine einheitlichere Umsetzung durch die Nationalagenturen

 

Der Verordnungsvorschlag der Kommission wird von Vertreter*innen der Träger der Jugendarbeit und Erwachsenenbildung als weit gehend zufriedenstellend bewertet. Kritisch diskutiert wird die Frage, ob die Erhöhung des Gesamtbudgets zu einem spürbaren Anstieg der Budgets in den einzelnen Aktionsmaßnahmen wie den Jugendbegegnungen führen wird. Umstritten ist zudem das Vorhaben via „DiscoverEU“ kostenlose Zugfahrkarten für junge Menschen bereit zu stellen. Hierfür sind im MFR Vorschlag 2021-2027 700 Mio. EUR voranschlagt.

Zum Verordnungsvorschlag der Kommission und den zugehörigen Begleitdokumenten gelangen Sie hier.