Die katholischen Organisationen für außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung haben gemeinsam mit dem Europabüro Gedanken zur Positionierung des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs zum neuen Erasmus-Programm formuliert. Grundsätzlich begrüßen wir das Engagement der EU bei den öffentlichen Investitionen. Das Finanzpaket Next Generation EU wird helfen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie einzudämmen. Gleichzeitig bedauern wir, dass dies nur durch eine starke Drosselung bei den Ausgaben für Jugend, Bildung und Soziales erreicht werden konnte.

Zur Positionierung des Rates haben wir folgende Stellungnahme formuliert:

Stellungnahme der katholischen Organisationen

für Jugendarbeit und Erwachsenenbildung

zum Stand der Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027

Wir als Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke (AKSB e.V), der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj), des Bundes der deutsch-katholischen Jugend (BDKJ e.V.), der Katholischen Erwachsenenbildung Deutschland (KEB e.V.) und der Europäischen Föderation für katholische Erwachsenenbildung (FEECA) vertreten mehrere hunderttausend Katholik*innen und sind europaweit präsente Anbieter non-formaler Jugend- und Erwachsenenbildung.

Europa steht derzeit vor einer Reihe bedeutender Herausforderungen. Darunter befinden sich die Corona-Pandemie, der Klimawandel, der digitale Wandel sowie zunehmender Nationalismus und Intoleranz. Die Europäische Union mit ihrem spezialisierten Investitionshaushalt ist dazu prädestiniert durch öffentliche Investitionen in Projekte mit dem höchsten europäischen Mehrwert einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen zu leisten. Insbesondere starke Investitionen in den Bereichen Jugend, Bildung und Sozialen sind für eine nachhaltige Bewältigung der anstehenden Aufgaben zwingend erforderlich.

In ihrem Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 vom 2. Mai 2018 veranschlagte die Europäische Kommission für zwei der Schlüsselprogramme in diesen Bereichen, Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps, Budgets von jeweils 30 Mrd. EUR und 1,3 Mrd. EUR. In seinen verabschiedeten Dokumenten zum Europäischen Bildungsraum vom 23. Mai 2018 und vom 19. Oktober 2019 betonte der Rat der Europäischen Union ausführlich die Bedeutung von Erasmus+ und Europäischem Solidaritätskorps. Die Notwendigkeit die Teilnahme am Erasmus+ Programm erheblich auszuweiten wurde besonders hervorgehoben.

In seinen Schlussfolgerungen vom 21. Juli 2020 korrigierte der Rat den Vorschlag der Europäischen Kommission vom Mai 2018 für Erasmus+ von 30 Mrd. auf 21,2 Mrd. EUR deutlich nach unten. Das Budget für das Europäische Solidaritätskorps wurde von 1,2 Mrd. auf 893 Mio. EUR gesenkt. In einer Reihe von Stellungnahmen vom 27.05.2020, 22.06.2020, 10.07.2020 und 23.07.2020 wies das Europäische Parlament die Pläne des Europäischen Rates zurück. In ihrer neuesten, mit großer Mehrheit verabschiedeten Stellungnahme, bekräftigen die Parlamentarier ihre Absicht dem MFR 2021-2027 nicht zuzustimmen bis eine bessere finanzielle Ausstattung der EU-Ausgaben in den Bereichen Jugend, Arbeit und Soziales erreicht ist.

Durch die vom Europäischen Rat vorgeschlagene budgetäre Ausstattung geraten die zahlreichen zusätzlichen inhaltlichen Ziele für die Programme Erasmus+ und ESK in Gefahr. Dazu zählt vor allem die in den Schlussfolgerungen des Rates der EU vom 23. Mai 2018 geforderten „inklusiveren und gerechteren Zugang“ zu den Programmen.

Daher unterstützen wir in der politischen Diskussion um den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 die Positionen des Europäischen Parlamentes. Dabei befürworten wir insbesondere folgende Forderungen, der einzigen direkt von der europäischen Bevölkerung gewählten EU-Institution:

  1. Zur Stärkung der parlamentarischen Mitsprache und der Demokratie in der EU: Das Europäische Parlament sollte bei der Umsetzung der einzelnen Förderprogramme und insbesondere bei der Annahme von delegierten Rechtsakten und Durchführungsbeschlüssen rechtlich festgelegte Mitbestimmungsrechte erhalten. In Zeiten schrumpfender zivilgesellschaftlicher Räume es von großer Bedeutung klare Zeichen gegen diesen Trend zu setzen. Als wichtigen Schritt zur Stärkung der Zivilgesellschaft, sollten auf europäischer und nationaler Ebene rechtlich verbindliche Strukturen der Mitbestimmung zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der Umsetzung von EU-Förderprogrammen wie Erasmus+ und Europäischem Solidaritätskorps geschaffen werden. Nur stärkere parlamentarische und zivilgesellschaftliche Mitsprache können die Demokratie in der EU wirksam stärken.
  2. Ohne eine angemessene Finanzierung der EU-Programme für Jugend, Bildung und Soziales ist eine nachhaltige Überwindung der aktuellen Herausforderungen in den Bereich Gesundheit, Klima, Digitales und Stärkung von Demokratie, Toleranz und Internationalismus nicht möglich. Insbesondere an der Verdoppelung des Budgets von Erasmus+ sollte als Mindestziel festgehalten werden. Optimal wäre die durch das Europäische Parlament und die Präsidentin der Europäischen Kommission geforderte Verdreifachung. Das Europäische Solidaritätskorps sollte den im MFR-Vorschlag der Europäischen Kommission vom 2. Mai 2018 Genannten Betrag 1,3 Mrd. EUR als Budget erhalten.

Brüssel den 07.09.2020

 

Im Namen unserer Organisationen,

Florian Sanden

 

Europabüro für katholische Jugendarbeit und Erwachsenenbildung

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Tel. 0032 2274 1425

sanden@cathyouthadult.org